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Imaginäres Museum

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Imaginäres Museum

Im Bedeutungswandel des Begriffs Kunstwerk wird in der modernen Zeit ein entscheidender Schritt getan: die Loslösung nun auch aus dem profanen Zusammenhang. Es entsteht eine Welt für sich, die wir die der Kunst schlechthin nennen; die Kunstwerke schaffen eine ihnen eigene, autonome Welt. Sie werden nun nicht mehr vorwiegend als Teil des Lebens der Gemeinschaft, der Geschichte usw. betrachtet, sondern nach Gesetzen, die nur dem in die Kunst Eingeweihten bekannt sind.
Es entsteht das, was Malraux das ‘imaginäre Museum’ nennt, ein selbständiges Gebiet von der Wirklichkeit gelöst, ein Reich der Kunst mit eigenen Maßstäben und eigener Idealität, erfüllt mit Werken aller Zeiten und Zonen, allen erschlossen und überall verbreitet durch die Technik der Reproduktion. Was einstmals ein Heiligtum war, wird ein rein künstlerisches Gebilde, das Porträt, ehemals Abbild eines Menschen, wird Abstraktion.
Das imaginäre Museum gründet eine neue Geschichte, die der autonomen künstlerisch-ästhetischen Werte, es bildet neue Gruppen, es vergleicht, analysiert und gliedert und bringt das zeitlich und räumlich weit voneinander Entfernte in Zusammenhang, z. B. die Kunst der Vorzeit mit den Schöpfungen der jüngsten Moderne. In diesem imaginären Reich erhält die Kunst ein Ziel in sich selbst, sie strebt ihrer eigenen Vollendung zu. In ihm lassen sich zum ersten Mal die Werke der verschiedensten Zeiten sammeln, frei von der Bindung an die Normen und Werte unserer eigenen Tradition. Das Malen und Dichten selbst ist heute nicht mehr ein Dienst an übergeordneten Lebensmächten, sondern ein Dienst an der Kunst, und das imaginäre Museum ist eine Schöpfung dieser unserer modernen selbständig gewordenen Kunst.

Ernesto Grassi

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