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Musée sentimental

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Musée sentimental

Im Bario Gothico von Barcelona nahe der Kathedrale ist ein Museum, „Museo Federico Mares", in einem ehemaligen Feudalpalast eingerichtet. Dieses Museum, in dessen unteren zwei Stockwerken eine sehr schöne Sammlung katalanischer Madonnen- und Christus-am-Kreuz- Figuren untergebracht ist, ist gewissermaßen der Taufpate des Namens „Musee Sentimental", denn in meinem Notizbuch stand seit 10 Jahren eine Notiz, ich müsse mir im obersten Stockwerk das „Museo Sentimental" anschauen. Als ich dann an Ort und Stelle nachfragte, war es unter diesem Namen gar nicht bekannt.

Ich sah, daß es aus einem Sammelsurium verschiedenartigster Gegenstände bestand, die ein noch heute lebender Bildhauer, eben Federico Mares, sein Leben lang gesammelt hatte: Zigarrenpapierringe, Blumendekorationen, Bierdeckel, Pfeifenköpfe, Votivgaben, sogar alte Nägel, sorgsam in Vitrinen verwahrt.

Das oberste Stockwerk war meistens geschlossen; man mußte eine besondere Bewilligung verlangen, angeblich, weil es an Personal mangelte, in Wirklichkeit wohl, weil man sich dieser Sammlung von Banalitäten schämte und sie für nicht ausstellungswürdig befand.

Ein katalanischer Künstler, Antoni Miralda, hatte mich auf dieses merkwürdige Museum hingewiesen. Warum er dies tat, liegt für solche, die mein Werk und besonders die Flohmarktobjekte darin kennen, auf der Hand.

Dieser kleine Abstecher in Biographisches ist ein notwendiger Verweis auf die eigene Sentimentalität, die zu weiteren „Musée Sentimental"-Projekten führte - ihr Ursprung sei hiermit preisgegeben.

Viel später wurde mir klar, daß dieses universale Sammeln von Beliebigem und scheinbar Banalem und Nebensächlichem, das Sammeln von allem ohne Unterschied von Bedeutung oder Wert eine besondere Wirkung hat.

Der heutige Begriff von Museum ist spezialisiert und auf einzelne Sparten beschränkt, während er ursprünglich in etwa diesem allen entsprach eine Entwicklung, die der ehemalige Leiter des Kunsthistorischen Museums in Wien, Julius von Schlosser, zu Anfang des 20. Jahrhunderts aus den Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance ableitet.

Daniel Spoerri: Einleitung zu: Le Musée sentimental de Cologne. Köln (Kölner Kunstveren) 1979

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